Cannabis bei Schmerz

Die Behandlung von chronischen Schmerzen gehört zu den Hauptanwendungsgebieten von medizinischem Cannabis. Was kann Cannabis bei Schmerzen bewirken?

Inhalt 

Keyfacts 

  1. Die Behandlung von chronischen Schmerzen gehört zu den Hauptanwendungsgebieten von medizinischem Cannabis.
  2. Cannabinoide haben in erster Linie eine drosselnde Wirkung auf das Schmerzsystem.
  3. Es wird insbesondere die Schmerzwahrnehmung durch den Einsatz von Cannabispräparaten positiv verändert. Dadurch werden diese als weniger unangenehm und einschränkend empfunden. Cannabinoide haben einen geringen Effekt auf die Schmerzintensität selbst.

Einführung in das Thema Schmerz

Schmerz – so unangenehm er auch sein mag – gehört zu den universellen Grunderfahrungen unseres Lebens. Er begegnet uns im Alltag und ist ein ebenso gängiges Gefühl wie Hitze, Kälte, Hunger oder Durst. Genauso wie unsere fünf klassischen Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten) ist auch der Schmerz ein wichtiges Warnsystem unseres Körpers. Der Künstler Joseph Beuys sagte einmal: “Es geht nicht ohne Schmerz – ohne Schmerz gibt es kein Bewusstsein”. Schmerz hilft uns unsere Umwelt und auch uns selbst besser wahrzunehmen. Es zeigt uns unsere Grenzen auf und lehrt uns Dinge über uns selbst. 

Akut haben Schmerzen eine wichtige Schutzfunktion: Sie warnen vor einem drohenden oder bereits erfolgten Gewebeschaden. Legt man seine Hand auf eine heiße Herdplatte, bewirkt der einsetzende Schmerz, dass die Hand sofort von der Gefahr weggezogen wird. Damit ist ​Schmerz zwar ein grausamer, aber auch ein sehr effektiver Lehrer. Der Körper wird vor einem noch größeren Schaden bewahrt. Und ist das Gewebe bereits verletzt, sorgen Schmerzen für eine Schonung der betroffenen Region und tragen so zu einem ungestörten Heilungsprozess bei. 

Es wird deutlich: Akute Schmerzen haben ihre Daseinsberechtigung. Was passiert aber, wenn diese nicht mehr weggehen?

Aktuell leiden nach Schätzungen der deutschen Schmerzliga mindestens 23 Millionen Menschen in Deutschland an chronischen Schmerzen — davon sind 3,4 Millionen schwerstgradig betroffen und müssen von Spezialisten behandelt werden. Als “chronisch” werden Schmerzen eingestuft, die länger als mindestens 3 bis 6 Monate andauern oder immer wiederkehrend sind (z. B. bei Migräne). Ein Problem dabei kann sein, dass die eigentliche Ursache des Schmerzes gar nicht mehr erkennbar und die ursprüngliche Gewebeverletzung oder Erkrankung schon abgeheilt ist – die Schmerzen haben sich verselbstständigt. Nur die Erfahrung hat sich ins Gehirn “eingebrannt”. Man spricht vom sogenannten Schmerzgedächtnis. Das Nervensystem ist durch die konstanten Schmerzreize überempfindlich geworden und reagiert unverhältnismäßig. Das ganze wird durch bestimmte Umbauprozesse im Körper unterstützt. Beispielsweise werden neue Nerven gebildet, die in das “schmerzhafte” Gebiet ziehen. Dadurch werden neue Reize verstärkt wahrgenommen. Ein anderer Mechanismus ist, dass Nerven für andere Sinneswahrnehmungen (wie Tastempfinden) plötzlich die “Warnsignale” der Schmerzempfindung an das Gehirn weiterleiten. Dieses produziert wiederum ein verstärktes Gefühl von Schmerz. Kurzum: Chronische Schmerzen haben keine sinnvolle Funktion als Warnung mehr, sondern können im Gegenteil zur dauerhaften Belastung werden. Eine Drosselung dieser überzogenen Reize wäre in solchen Fällen durchaus wünschenswert und kann u. a. auch über das Endocannabinoidsystem erfolgen.

Warum ist es so schwierig, verlässliche Informationen zu Cannabis und Schmerz zu finden?

Wer heute “Cannabis und Schmerz” in die Suchmaschine tippt, dem wird es an Ergebnissen nicht mangeln – vielleicht aber nach wie vor an Erkenntnis. Ganze 7.960.000 Ergebnisse spuckt die Suchmaschine aus! Das macht deutlich zu welcher Menge an Informationen wir Zugang haben. Im Internet findet sich zum Thema Cannabis so ziemlich alles: von Cannabis als Medizin oder Cannabis als neues Wundermittel gegen so ziemlich alles bis hin zur als gehypten, aber aus medizinischer Sicht wirkungslosen (und gefährlichen!) Lifestyle-Droge. 

Leider ist viel von dem was wir lesen zumindest teilweise falsch oder missverständlich formuliert. Bereits eine Studie aus dem Jahr 2005 (Montané et al) hat gezeigt, dass die schlechte Berichterstattung durch die Medien diesen Missstand auf die Spitze treibt. Die Autoren berichten, dass 79 % der analysierten Zeitungsartikel über medizinisches Cannabis unangemessene oder falsche Informationen enthielten, oft durch reine Sensationslust angetrieben. 

Leider ist die medizinische Cannabis-Literatur häufig voreingenommen und an vielen Stellen lückenhaft. Das lässt sich unter anderem mit dem langen Cannabisverbot und der Einordnung von Cannabis als Betäubungsmittel erklären. Im Sinne einer evidenzbasierten Medizin lassen sich daher im Moment viele der in Studien gemachten Beobachtungen noch nicht verallgemeinern. Hier greift also noch das traurige Mantra der Cannabisforschung: “Es sind noch mehr qualitativ hochwertige Studien nötig”. Warum aber fehlen diese groß angelegten klinischen Studien? Die Antwort ist einfach: Sie sind sehr aufwändig und vor allem sehr teuer! Die Mittel für solche Studien können oft nur “Pharma-Riesen” aufbringen. Für die wiederum muss es sich “rechnen” – und das tut es nicht. Es ist nicht einfach, pflanzliche Arzneimittel schützen zu lassen und so die teuren Forschungsergebnisse gewinnbringend (und exklusiv) zu nutzen. Neben den entstehenden sehr hohen Kosten, würde nämlich auch die Konkurrenz von solchen Studien profitieren. Denkbar wäre, dass hier z. B. auch der Staat unter die Arme greift, was er aber bisher nicht in nennenswertem Umfang getan hat. Ein Problem, das sich wohl nicht über Nacht lösen wird. 

Was bedeutet das für die Studienlage?

Die Folge: zum Teil noch widersprüchliche Aussagen in der Forschung. Selbst Metaanalysen sind davon nicht ausgenommen. Das sind Studien, die verschiedene Untersuchungen zu einem wissenschaftlichen Forschungsgebiet (z. B. Cannabis und Schmerz) zusammenfassen.

Whiting und Kolleg:innen, sowie Lynch und Campbell untersuchten die zum Zeitpunkt der Analyse verfügbaren Studien mit Daten von insgesamt mehr als 6500 Teilnehmern – in beiden Metaanalysen kamen die Autoren zu dem Schluss, dass Cannabis wirksam und verhältnismäßig sicher ist. Allerdings: Eine weitere Metaanalyse, für die 18 Studien mit anfangs 869 Teilnehmern ausgewertet wurden (Martin-Sanchez et al., 2009), untersuchte den Einsatz von Cannabinoiden bei Patienten, die unter chronischen Schmerzen leiden. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Cannabinoide zwar mäßig wirksam seien, die Vorteile jedoch durch die berichteten Nebenwirkungen wieder aufgehoben würden. 

Zumindest eines wird dabei klar: Menschen können sehr unterschiedlich auf Cannabis reagieren. Mögliche Gründe könnten die genetische Ausstattung, der jeweilige Stresslevel oder auch das sogenannte “Endocannabinoid-Deficiency-Syndrom” sein. Letzteres ist eine spannende Hypothese, die besagt, dass Personen mit einem natürlichen Mangel an Endocannabinoiden im besonderen Maße von der Einnahme von Cannabis profitieren könnten. Insgesamt: Viele Faktoren machen die Erforschung herausfordernd, aber auch interessant.

Auch wenn die Studienlage noch nicht das Gelbe vom Ei ist: die Anwendung von Cannabis findet einen immer breiteren Zuspruch von Patient:innen wie Ärzten. Das gilt auch und vor allem in der Schmerztherapie. Das zeigt auch die sogenannte Cannabis-Begleiterhebung, des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Erhoben werden die Daten der Patient:innen, die eine Erstattung für Cannabisprodukte von ihrer gesetzlichen Krankenversicherung bekommen haben. So soll eine bessere Datenlage im Hinblick auf den Einsatz von Medizinalcannabis und dessen Wirksamkeit geschaffen werden. Nach den neuesten Zahlen aus dieser Erhebung wurde Medizinalcannabis seit dem Beginn der Dokumentation 2017 zur Behandlung der folgenden Erkrankungen/Beschwerden eingesetzt

Erkrankung oder SymptomatikFälle
(insgesamt n=8.872)
Prozentualer Anteil
Schmerzen6.374ca. 72 %
Krämpfe (Spastik)940ca. 11 %
Gewichtsverlust (Anorexie/Wasting)590ca. 7 %
Übelkeit/Erbrechen341ca. 4 %
Depressionen259ca. 3 %
Migräne181ca. 2 %
entzündliche, nichtinfektiöse Darmkrankheit113ca. 1 %
ADHS111ca. 1 %
Appetitmangel/ Inappetenz111ca. 1 %
Epilepsie97ca. 1 %
Ticstörung, inklusive Tourette-Syndrom79< 1 %
Restless-Legs-Syndrom78< 1 %
Schlafstörung/Insomnie 74< 1 %

Hinweis zur Tabelle: Bei 3.177 (36 %) der insgesamt 8.872 Fälle sei die Behandlung mit Cannabis vor Ablauf eines Jahres beendet worden. Bei 557 (ca. 6 %)  habe eine MS-Grunderkrankung vorgelegen. Bei 1.683 (ca. 19 %)  habe eine Tumorerkrankung bestanden.

Quelle: BfArM und Deutsche Apotheker Zeitung 2020

Die Rolle der Cannabinoide in der Schmerzsignalgebung

Diese Frage beschäftigt seit Jahrzehnten die Cannabisforschung und ist auf Anhieb nicht leicht zu beantworten. Sowohl die Schmerzsignalgebung selbst als auch die Wirkweise und Wechselwirkungen der Cannabinoide sind komplex. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, ist hier eine Übersicht:

Quelle: Gangadharan V, Kuner R. Pain hypersensitivity mechanisms at a glance. Dis Model Mech. 2013 Jul;6(4):889-95.

Dieses Bild verursacht buchstäblich Schmerzen beim Anschauen. Der Grund dafür, die hohe Komplexität dieses Systems, macht es schließlich auch so schwierig, die verschiedenen Rollen und Effekte, die Cannabinoide auf den menschlichen Organismus haben, zu entschlüsseln. Allerdings lässt sich das Ganze etwas runterbrechen: 

  1. Die Prozesse des Schmerzsystems finden auf mehreren Ebenen statt (Gehirn, Rückenmark und im Gewebe).
  2. Es gibt viele chemische Botenstoffe. Die Cannabinoide sind nur eine Klasse davon.
  3. Es ist wahrscheinlich, dass Cannabinoide auf allen Ebenen einen Einfluss haben — allerdings durch unterschiedliche Mechanismen.

Grundsätzlich wirkt Cannabis eher unspezifisch, aber in erster Linie drosselnd auf die Übertragung der Schmerzsignale. Die Informationen des Schmerzes werden also weiterhin über Knotenpunkte an das Gehirn weitergeleitet — nur in der Stärke reduziert. Bildlich kann man sich einen Wasserhahn vorstellen, den man etwas herunterdreht. Der Effekt äußert sich beispielsweise in der Wahrnehmung: Viele beschreiben, dass die Schmerzen zwar noch da sind, sie aber “wie durch Milchglas” wahrgenommen werden. Wenn es um den Umgang mit chronischen Schmerzen geht, kann das sehr hilfreich sein. 

Helfen Cannabinoide gegen Schmerzen?

Die Behandlung von Schmerzen gehört zu den wichtigsten Anwendungsgebieten der Cannabinoide. Anfangs haben wir eine Einteilung zwischen akuten und chronischen Schmerzen vorgenommen. Jetzt widmen wir uns der eigentlich spannenden Frage: 

Helfen Cannabinoide überhaupt gegen Schmerzen? Und wenn ja, gegen welche?

Akute Schmerzen werden in der Regel ziemlich pragmatisch behandelt. Hier gibt es viele Möglichkeiten: Es können beispielsweise klassische Schmerzmittel oder eine lokale Betäubung (z. B. die Spritze beim Zahnarzt) zum Einsatz kommen. Je nach Ursache hilft auch Wärme, Kälte oder leichter Druck. Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten. In der Behandlung von akuten Schmerzen spielen Cannabinoide bis auf wenige Ausnahmen aber keine große Rolle.

Bei chronischen Schmerzen sieht das anders aus: Diese sind sogar laut Begleiterhebung der häufigste Grund für die Verschreibung von Cannabinoiden. Studien haben die Wirksamkeit von Cannabis auf solche Schmerzen untersucht. Dafür wird oft eine Skala verwendet, auf die Patient:innen die Stärke ihrer Schmerzen einschätzen, z. B. von 0 (kein Schmerz) bis 10 (unerträglicher Schmerz):

Hierfür lässt sich beispielsweise eine Metaanalyse von Allan und Kolleg:innen heranziehen, die sieben weitere Metaanalysen mit insgesamt über 5000 Teilnehmern untersuchten: Im Vergleich zu einer Gruppe mit einem Plazebo zeigte sich unter Cannabinoiden eine Reduktion der Schmerzintensität von 0,4 bis 0,8 Punkten auf der Skala. Der größte Effekt trat nach 2 bis 8 Wochen auf. Also ein insgesamt eher ernüchterndes Ergebnis. Kurioserweise schneidet Alkohol (bei einem Blutspiegel von 0,08 %) vergleichbar und teilweise sogar besser ab: Die Schmerzen können dadurch im Schnitt um 1,25 Punkte abnehmen — ein derartiger Pegel im Blut geht dann allerdings mit anderen Problemen einher. Deswegen sprechen wir uns selbstverständlich nicht für Alkohol als Therapieoption aus. Diese Daten sind in vielerlei Hinsicht problematisch und nicht direkt mit den Forschungsergebnissen zu Cannabinoiden vergleichbar; sie regen allerdings zum Nachdenken an. 

Das Zwischenfazit lautet: Auf die Schmerzintensität hat Cannabis wohl eher eine geringe Wirkung. Dennoch wird es immer häufiger zur Behandlung von Schmerzen eingesetzt – das wirft die Frage auf:

Wie helfen die Cannabinoide bei der Behandlung von Schmerzen dann? Interessanterweise können Schmerzen bei gleicher Intensität als unterschiedlich intensiv und vor allem als unterschiedlich stark belastend empfunden werden. Neben biologischen Faktoren (z. B. Alter, Geschlecht, genetische Prädisposition), tragen auch psychosoziale und kulturelle Faktoren sowie das Schmerzgedächtnis zur Schmerzwahrnehmung bei.

Das Schmerzgedächtnis wird – wie ein richtiges Gedächtnis – erlernt. Wie Vokabeln sich beim häufigen Wiederholen im Langzeitgedächtnis “einnisten”, hinterlassen auch häufig erlebte Schmerzen ihre Spuren im Gehirn. Die Folge: Das Schmerzempfinden wird darin “trainiert”, bestimmte Reize weiterzuleiten; der Schmerz wird intensiver. Selbst kleine Reize können dann plötzlich intensive Schmerzen auslösen.

Auch Stress kann einen großen Einfluss haben. Ein erhöhtes Stressempfinden kann auch zu einer sensiblen Schmerzwahrnehmung beitragen: Selbst leichten Schmerz können wir als unerträglich empfinden, wenn wir sehr gestresst sind. Cannabinoide widerum können das Stressempfinden (und dadurch in der Folge die Schmerzwahrnehmung) günstig beeinflussen. Der Schmerz wird so nicht weggezaubert, aber unter Umständen als weniger störend wahrgenommen. 

Was für einen Nutzen könnte die Kombination von Cannabinoiden mit anderen schmerzdämpfenden Medikamenten haben?

Es wäre doch von Vorteil, wenn andere potenziell nebenwirkungsreiche Medikamente, wie Opioide, durch den Einsatz von Cannabinoiden reduziert werden könnten. Opioide (z. B. Morphin) sind erprobte Medikamente in der Schmerzbehandlung, die bei längerer Anwendung körperlich abhängig machen können. Vorstellbar wäre hier eine Reduzierung der Opioiddosis bei gleichzeitiger Anwendung von Cannabinoiden ohne Verlust der schmerzstillenden Wirkung. Das würde dann die Opoide “einsparen” (Opioid-Sparing Effekt). In präklinischen Studien (d. h. im Labor) existieren Hinweise für eine solche opioid-sparende Wirkung. In klinischen Studien gibt es allenfalls nur sehr schwache Belege für einen solchen Effekt. Es gilt also wieder einmal: “Es sind noch mehr qualitativ hochwertige Studien nötig.” 

Kurzum: Gerade in der Behandlung von chronischen Schmerzen hat Cannabis seine Daseinsberechtigung. Wie bei allen Themen rund um die Cannabisforschung können wir auf eine weitere Entwicklung der Studienlage gespannt sein.

Kann Cannabis Schmerzen auch verstärken?

Wenn sich der Effekt eines einzelnen Wirkstoff, abhängig von der eingenommenen Menge, auch in sein genaues Gegenteil verkehren kann, spricht man von einer paradoxen Wirkung. Dieses Phänomen ist bei Arzneimitteln nicht selten und wurde auch bei Cannabis beobachtet. Heißt im Klartext: Cannabis kann unter gewissen Umständen die Schmerzwahrnehmung auch negativ beeinflussen – Schmerzen werden dann intensiver und belastender wahrgenommen. Was geht da vor sich?

Untersuchungen haben gezeigt, dass der Ausgang einer solchen paradoxen Wirkung vor allem von der eingenommenen Dosis abhängt.

  • Niedrige Dosen haben keinen Einfluss auf die Schmerzintensität, da vermutlich die Menge zu gering war, um eine Wirkung zu entfalten. 
  • Mittlere Dosen zeigen einen günstigen Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung – der Schmerz wird als nicht so belastend wahrgenommen
  • Erhöht man die Dosis jedoch weiter, so kommt es schließlich auch zu einer intensiveren Schmerzwahrnehmung – der Anfangs günstige Effekt hat sich in sein Gegenteil verkehrt.

Eine allgemeine Empfehlung bei der praktischen Anwendung ist deshalb: “Start low, go slow”. Es rät sich also, mit einer niedrigen Dosis zu beginnen und sich langsam an höhere Mengen ranzutasten bis der der therapeutisch erwünschte Effekt eintritt. Danach sollte die Dosis nicht weiter erhöht werden.

Aber wie kann das sein? Ein bekannter Mechanismus spielt sich im Rückenmark ab. Wie bereits beschrieben, haben Cannabinoide eine drosselnde Wirkung. Wird die Dosis über eine therapeutisch sinnvolle Menge erhöht, können schließlich körpereigene Mechanismen zur Kontrolle der Schmerzleitung (z. B. die sogenannten Interneurone) in ihrer Funktion gehemmt werden. Im Klartext heißt das: Mechanismen, die normalerweise den Schmerz reduzieren sollten, können in dieser Aufgabe selbst gehemmt werden und dieser nicht mehr gerecht werden. In der Folge erhöht sich die Schmerzwahrnehmung . 

Fazit:

Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass es unterschiedliche Arten von Schmerzen gibt. Nicht jede Art lässt den Einsatz von Cannabis sinnvoll scheinen. Es werden noch einige qualitativ hochwertigen Studien nötig sein, bis die genaueren Mechanismen aufgedeckt sind. Paracelsus sagte einmal: “Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.” Dieses Zitat unterstreicht schön den Effekt der heute auch in der Therapie mit Cannabis beobachtet wird; in der Praxis bewährt sich daher nach wie vor der Ansatz: “Start low, go slow!”, also mit einer niedrigen Dosierung beginnen und sich dann langsam vortasten, bis der gewünschte Effekt eintritt. 

Quellen 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19732371/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18073554/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19661434/

https://jamanetwork.com/journals/jama/articlepdf/2338251/joi150059.pdf

https://bpspubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/j.1365-2125.2011.03970.x

https://www.nature.com/articles/npp201751.pdf

https://www.cfp.ca/content/cfp/64/2/e78.full.pdf

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23828645/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34497047/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7031792/

https://www.schmerzgesellschaft.de/