Cannabis Decarboxylierung: Wie die Aktivierung funktioniert und warum sie wichtig ist

„Cannabis decarboxylieren“ mag im ersten Moment kompliziert klingen. Tatsächlich hat das aber jede:r schon einmal gemacht, der oder die sich schon einmal einen Joint angezündet hat – in der Regel jedoch unwissentlich. Werden die medizinischen Cannabisblüten in einem Cannabis Vaporizer verdampft, in einem Joint geraucht oder für die Zubereitung eines Cannabis Tees verwendet, läuft die Decarboxylierung tatsächlich automatisch ab. Es ist also kein Zwischenschritt nötig, um von den potenziellen Effekten der enthaltenen Cannabinoide zu profitieren. Anders sieht die Lage aus, wenn die Blüten zu Brownies oder anderen Esswaren verarbeitet werden sollen. Wir zeigen auf, was bei der Decarboxylierung von Cannabis geschieht und warum sie so essenziell ist. Außerdem erfahren Sie, anhand welcher Verfahren Sie Cannabis selbst decarboxylieren können.

Key Facts:

  1. Erst durch die Decarboxylierung von Cannabis werden die Cannabinoidsäuren in den Cannabisblüten zu Cannabinoiden wie THC oder CBD umgewandelt.
  2. Werden medizinische Cannabisblüten zum Rauchen, Vapen oder die Zubereitung von Tee verwendet, geschieht die Decarboxylierung ganz automatisch.
  3. Soll mit Cannabis gebacken oder gekocht werden, müssen die Blüten zuvor separat decarboxyliert werden. Verbreitet ist die Decarboxylierung im Backofen oder „Sous Vide“ im Wasserbad.

Warum sollten Sie Cannabis decarboxylieren?

Die Decarboxylierung ist nötig, um die in der Cannabisblüte enthaltenen Cannabinoidsäuren durch die Abspaltung von Kohlenstoffdioxidmolekülen in Cannabinoide umzuwandeln. Der Vorgang ist entscheidend, um von der erwünschten Wirkung von Cannabis profitieren zu können.

Denn während die Cannabispflanze nach heutigem Stand über 140 Phytocannabinoide (pflanzliche Cannabinoide) enthält, liegen sie bei der Ernte der Blüten zunächst alle als saure Vorstufen vor. THC oder CBD etwa, die wohl bekanntesten Cannabinoide, sind als die Cannabinoidsäuren Tetrahydrocannabinolsäure (THCa) und Cannabidiolsäure (CBDa) in der Pflanze enthalten. Das „a“ in den Abkürzungen steht für „acid“, also das englische Wort für Säure.

Good to know: Tatsächlich produzieren Cannabispflanzen keine Blüten, sondern Cannabisknospen. Da im Deutschen die Benennung „Cannabisblüten“ weit verbreitet ist, übernehmen wir diese an dieser Stelle.

Cannabis aktivieren: So funktioniert es

In aller Regel werden Cannabisblüten decarboxyliert, indem man sie erhitzt. Verwender:innen können Cannabisblüten über einen der folgenden drei Wege decarboxylieren:

  1. Beim Verdampfen oder Verbrennen vor der Inhalation
  2. Bei der Herstellung eines Cannabis Tees
  3. Beim Erhitzen mittels eines separaten Schrittes – im Backofen oder anhand eines Vakuumverfahrens im Wasserbad

Grundsätzlich handelt es sich bei der Decarboxylierung um einen natürlichen Vorgang, der bei geernteten Cannabisblüten nach einigen Monaten von selbst eintritt. Dies würde neben der nötigen Zeit jedoch eine entsprechende Lagerung erfordern, um in der Zwischenzeit Schimmelbildung zu vermeiden.

Bei Fertigarzneimitteln oder Cannabisextrakten ist von Ihrer Seite keine weitere Verarbeitung nötig, da die Decarboxylierung bereits stattgefunden hat.

Die Decarboxylierung von Cannabis im Backofen

Bei der Decarboxylierung im Backofen handelt es sich um eine gängige Variante zur Cannabis-Aktivierung.

Während Sie das Zubehör für diese Methode bereits zu Hause haben dürften, gibt Ihnen das Verfahren zugleich einen breiten Spielraum zur Weiterverarbeitung Ihrer Blüten. Möglicherweise nachteilig ist lediglich, dass es sich bei der Decarboxylierung im Backofen um eine recht geruchsintensive Methode handelt.

Als Alternative zur Decarboxylierung gilt das sogenannte „Sous Vide“ – ein Verfahren, das seinen Ursprung in der französischen Küche hat und wir Ihnen im Anschluss vorstellen.

Sie benötigen:

So funktioniert die Decarboxylierung im Backofen

Heizen Sie den Backofen auf 110 Grad vor. Zerkleinern Sie in der Zwischenzeit ihre Cannabisblüten, um später eine gleichmäßige Erwärmung zu gewährleisten.

Ob Sie Ihre Blüten manuell mit der Hand oder Schere auseinanderbrechen oder mittels eines sogenannten Grinders mahlen, ist Ihnen überlassen. Letzteres ist womöglich einfacher, erhöht wegen der Kleinteiligkeit aber die Gefahr des Anbrennens.

Geben Sie die zerkleinerten Blüten auf einem Backblech auf die mittlere Schiene des Backofens.

Wie lange müssen die Cannabisblüten decarboxyliert werden?

Haben Sie trockenes, also ausgehärtetes Pflanzenmaterial vor sich, empfiehlt sich eine Dauer von 35-40 Minuten. Frische Cannabisblüten enthalten hingegen noch mehr Feuchtigkeit, wodurch sich die Dauer für die Decarboxylierung auf bis zu eine Stunde verlängern kann.

In jedem Fall sollten Sie das Blech mit den Cannabisblüten aus dem Ofen nehmen, wenn die Blüten leicht gebräunt aussehen.

Lassen Sie die Cannabisblüten bei Raumtemperatur 30 Minuten abkühlen. Im Anschluss können Sie die decarboxylierten Cannabisblüten weiterverarbeiten – in Cannabisbutter für Kekse etwa – oder in einem Glasgefäß für die spätere Verwendung aufbewahren.

Warum die Temperatur beim Decarboxylieren von Cannabis entscheidend ist

Ist die Temperatur zu niedrig, wird das Cannabis womöglich nicht ausreichend decarboxyliert. Eine zu hohe Gradzahl wiederum kann jedoch dazu führen, dass wertvolle Cannabinoide und Terpene verloren gehen.

Gerade bei älteren Modellen könnte die angegebene Temperatur nicht mit der tatsächlichen Temperatur im Backofen übereinstimmen. Verwenden Sie hier, wenn möglich, zur Kontrolle ein Backofenthermometer.

Decarboxylierung anhand Sous Vide

Die nächste Methode zur Decarboxylierung von Cannabisblüten führt uns auf einen Exkurs in die französische Gourmetküche: „Sous Vide“ – zu deutsch: „unter Vakuum“ wird dort seit den 1970ern verwendet, um beim Kochen eine genaue Temperaturkontrolle zu erreichen. So wird sichergestellt, dass Steaks jedes Mal genau denselben, perfekten Garpunkt erreichen.

Das Prinzip ist so einfach wie genial: Das Essen wird in einen Vakuumbeutel gegeben und in einem Topf mit Wasser bei präziser Temperatur gegart. Die Methode ermöglicht eine Genauigkeit bei der Zubereitung, die andernfalls nicht möglich wäre. Genau dies macht sich die Sous Vide Methode zur Decarboxylierung von Cannabisblüten zunutze.

Dank der Sous Vide Methode können Sie die Decarboxylierung bei konstanter Hitze, ohne Gefahr durch Verbrennen und vor allem ohne Geruchsbelästigung durchführen. Nachteilig ist die Notwendigkeit von speziellem Zubehör.

Sie benötigen

  • Medizinische Cannabisblüten.
  • Spezielle Sous Vide Beutel. Dank spezieller Verschlüsse können diese auch ohne Vakuumierer verschlossen werden. Verwenden Sie hier bitte keine herkömmlichen Gefrierbeutel, da diese bei der dauerhaften Erhitzung BPA und Weichmacher abgeben könnten.
  • Traditionell werden für das Verfahren Sous Vide Präzisionskocher verwendet. Alternativ können Sie einen Kochtopf verwenden, in dem Sie ausreichend Wasser erhitzen und dessen Temperatur Sie konstant anhand eines Küchenthermometers kontrollieren.

So funktioniert die Decarboxylierung mit der  Sous Vide Methode

Mahlen Sie Ihre medizinischen Cannabisblüten mithilfe eines Grinders. Geben Sie die gemahlenen Blüten in den Sous Vide Beutel und verschließen Sie ihn luftdicht.

Geben Sie ausreichend Wasser in einen Topf, sodass der Beutel später vollständig mit Wasser bedeckt ist. Erhitzen Sie das Wasser, zunächst ohne Beutel, auf 95 Grad Celsius. Sobald die Temperatur von 95 Grad erreicht ist, geben Sie den Beutel hinein. Kontrollieren Sie die Temperatur konstant anhand des Küchenthermometers. Hierfür können Sie das Thermometer mit einem Clip am Rande des Topfes befestigen.

Natürlicherweise wird die Temperatur bei der abgewandelten Methode ohne Präzisionskocher ein wenig fluktuieren. Versuchen Sie, die Schwankungen bei einigen wenigen Grad zu halten.

Belassen Sie den Beutel bei 95 Grad Celsius für eine Stunde im Topf und nehmen Sie ihn anschließend aus dem Wasser. Lassen Sie die decarboxylierten Cannabisblüten abkühlen, bevor Sie diese weiterverarbeiten oder zur Aufbewahrung in ein luftdichtes Gefäß geben.

In welcher Form dürfen Ärzt:innen medizinische Cannabisblüten für die Decarboxylierung verschreiben?

Seit 2017 haben Ärzt:innen die Möglichkeit, Cannabis als Medizin ohne Ausnahmegenehmigung zu verschreiben. Neben cannabinoidbasierten Arzneimitteln und Cannabinoidextrakten können Ärzt:innen Cannabis auf Rezept auch in Form von medizinischen Cannabisblüten verschrieben.

Werden Cannabisblüten verordnet, müssen Ärzt:innen auf dem Cannabisrezept genau angeben, welche Sorte von der Apotheke wie ausgegeben werden soll. Ist etwa die Zubereitung eines Cannabis-Tees angedacht, wird ein entsprechender Code auf dem Rezept vermerkt, sodass die Apotheke die Blüten bereits zerkleinert und gesiebt abgibt.

Ärzt:innen und Patient:innen sollten daher im Vorfeld besprechen, in welcher Form das Cannabis verabreicht werden soll. Je nach Darreichungsform müssen Patient:innen diese in einem Zwischenschritt decarboxylieren.

Für die Übernahme der Kosten für medizinisches Cannabis können Sie einen Antrag auf Kostenübernahme von der Krankenkasse stellen. Das Cannabis Rezept einlösen können Sie dann grundsätzlich in jeder Apotheke – ob vor Ort oder online. Spezialisierte Apotheken verfügen unter Umständen über einen größeren lieferbaren Bestand an medizinischen Cannabissorten.

FAQ:

Was bringt eine Decarboxylierung?

Durch Decarboxylierung werden die natürlich in den Cannabisblüten enthaltenen Cannabinoidsäuren in Cannabinoide umgewandelt. So können Verwender:innen etwa von der Wirkung von CBD (Cannabidiol) oder THC (Tetrahydrocannabinol) profitieren.

Wie decarboxyliert man?

In aller Regel decarboxyliert man Cannabisblüten mithilfe von Hitze. Automatisch geschieht das beim Vapen, Rauchen oder der Zubereitung eines Cannabis-Tees. Eine gesonderte Decarboxylierung ist nötig, wenn die medizinischen Cannabisblüten für Edibles oder andere Esswaren verwendet werden sollen.

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