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Cannabis und Autofahren: Was ist erlaubt und was nicht?
10. Sep 20256 Min. Lesezeit

Cannabis und Autofahren: Was ist erlaubt und was nicht?

Der Cannabis-Grenzwert legt fest, ab welchem THC-Spiegel im Blutserum die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein kann. Dieser  liegt seit August 2024 bei 3,5 ng/ml. Für Fahranfänger:innen gilt eine Null-Toleranz. Auch der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol ist verboten. Hingegen tragen Patient:innen, die medizinisches Cannabis verordnet bekommen, eine hohe Eigenverantwortung. Sie müssen sicherstellen, dass sie fahrtüchtig sind. Andernfalls drohen auch hier Strafen.

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • Der THC-Grenzwert für das Führen von Kraftfahrzeugen liegt seit August 2024 bei 3,5 ng/ml THC im Blutserum, während für Fahranfänger:innen ein striktes Verbot gilt.

  • Mischkonsum von Cannabis und Alkohol ist grundsätzlich verboten und wird streng geahndet.

  • Medizinische Cannabispatient:innen sind von den Grenzwerten ausgenommen, müssen aber selbst sicherstellen, dass sie fahrtüchtig sind.

  • Führerscheinentzug oder medizinisch-psychologische Untersuchungen drohen bei Abhängigkeit, Missbrauch, wiederholten Verstößen oder offensichtlicher Fahruntüchtigkeit.


Was ist der Cannabis-Grenzwert und warum spielt er eine Rolle?

THC (Tetrahydrocannabinol) ist der Hauptwirkstoff in Cannabis, der für die berauschende Wirkung verantwortlich ist und kann damit auch die Fähigkeit zum sicheren Fahren beeinträchtigen. Besteht der Verdacht, dass eine Person unter dem Einfluss von Cannabis Auto fährt, wird häufig zunächst ein THC-Speicheltest durchgeführt. Fällt dieser positiv aus, wird in der Regel im nächsten Schritt eine Blutprobe entnommen.

Für die Beurteilung, ob eine Fahruntüchtigkeit vorliegt, zählt jedoch nicht der THC-Wert im Vollblut, sondern der Wert im Blutserum. Dieser zeigt besser an, wie stark die Cannabiswirkung zum Zeitpunkt der Kontrolle tatsächlich war.

Vollblut und Blutserum – einfach erklärt

Vollblut ist das Blut, wie es direkt aus dem Körper kommt. Es enthält alle Bestandteile wie rote und weiße Blutkörperchen, Blutplättchen und Blutplasma. Das Blutserum entsteht hingegen, wenn das Blut im Labor stehen gelassen wird und die festen Bestandteile sowie Gerinnungsstoffe entfernt werden. Übrig bleibt eine klare Flüssigkeit – das Serum.

Für THC-Messungen ist der Unterschied wichtig, weil sich der Wirkstoff in den verschiedenen Blutbestandteilen unterschiedlich verteilt. Im Serum ist die THC-Konzentration etwa 1,5- bis 2-mal höher als im Vollblut. Das heißt, dass ein THC-Wert von 3,5 ng/ml im Blutserum ungefähr 1,75 bis 2 ng/ml im Vollblut entspricht.

Neuer THC-Grenzwert seit August 2024

Im März 2024 hat eine unabhängige Expertengruppe im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums empfohlen, den THC-Grenzwert im Straßenverkehr auf 3,5 ng/ml im Blutserum festzulegen. Diese Empfehlung wurde von der Bundesregierung übernommen und gilt seit August 2024.1

Laut der Kommission ist dieser Wert mit einem Alkoholwert von 0,5 Promille vergleichbar, also der Grenze, ab der eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Ab einem THC-Gehalt von 3,5 ng/ml können die Reaktionsfähigkeit, Konzentration und das Einschätzen von Geschwindigkeit oder Abständen spürbar beeinträchtigt sein.

Früher lag der Grenzwert bei 1,0 ng/ml. Dieser niedrige Wert stammt noch aus der Zeit vor der Cannabis-Teillegalisierung und sollte schon kleinste Mengen ahnden. Der neue Grenzwert soll dagegen besser widerspiegeln, ab wann Cannabis tatsächlich die Fahrtüchtigkeit beeinflusst.

Wichtig: Wer unter dem Einfluss von Cannabis und Alkohol fährt, begeht einen schweren Verstoß. Diese Kombination ist im Straßenverkehr grundsätzlich verboten.

Darüber hinaus wurde festgelegt, dass für Fahranfänger:innen unter 21 Jahren und alle, die sich noch in der Probezeit befinden, weiterhin eine Null-Toleranz gilt. Das bedeutet, dass jeglicher Cannabisgebrauch am Steuer verboten ist. Auch dann, wenn der THC-Wert unterhalb der 3,5-ng/ml-Grenze liegt.

Gilt der THC-Grenzwert auch für das Fahrradfahren?

Der neue THC-Grenzwert gilt nur für Kraftfahrzeuge. Für das Führen eines Fahrrads gibt es keinen festen Grenzwert. Wer aber deutlich erkennbar berauscht mit dem Fahrrad unterwegs ist (z.B. Schlangenlinien fahren oder unsicheres Verhalten), muss trotzdem mit Konsequenzen rechnen.

In solchen Fällen kann die Polizei ein ärztliches Gutachten anordnen, eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verlangen oder im schlimmsten Fall sogar die Fahrerlaubnis für Autos entziehen, auch wenn man „nur“ Rad gefahren ist.

Welche Strafen drohen bei Überschreitung des THC-Grenzwertes?

Die Strafen für das Fahren unter dem Einfluss von Cannabis sind bundesweit in der Straßenverkehrsordnung (StVG) geregelt.2

 Verstoß Bußgeld Fahrverbot Punkte in Flensburg
Erster Verstoß 500 € 1 Monat 2 Punkte
Zweiter Verstoß 1.000 € 3 Monate 2 Punkte
Dritter Verstoß 1.500 € 3 Monate 2 Punkte
THC und Alkohol (Mischkonsum) 1.000 € 1 Monat 2 Punkte
Mischkonsum und Wiederholungstat 500 € 1 Monat 2 Punkte

 

Ein Verstoß von Fahranfänger:innen hat spürbare Folgen und wird mit 250 € Bußgeld, 1 Punkt in Flensburg, eine Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre und die Pflicht, an einem Aufbauseminar teilzunehmen, geahndet.

Wird zusätzlich festgestellt, dass die Fahrfähigkeit beeinträchtigt war oder andere Verkehrsteilnehmer:innen gefährdet wurden, kann das sogar als Straftat gelten. In solchen Fällen droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe sowie der Entzug der Fahrerlaubnis.

Neue Regelungen zur Fahrtauglichkeit bei Cannabiskonsum

Die Vorschriften zur Fahrtauglichkeit nach dem Gebrauch von Cannabis wurden an die bekannten Regeln für Alkoholkonsum angepasst.3 Das bedeutet:

  • Ein Führerschein darf nur dann entzogen oder verweigert werden, wenn jemand abhängig von Cannabis ist oder Cannabis missbraucht.

  • Von Missbrauch spricht man, wenn jemand nicht zuverlässig zwischen Konsum und Fahren trennt, also zum Beispiel regelmäßig konsumiert oder die Wirkung von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit unterschätzt.

  • Wer früher abhängig war, kann seinen Führerschein zurückbekommen, wenn eine Therapie (Entwöhnung) erfolgreich abgeschlossen wurde. Wichtig ist dabei, dass mindestens ein Jahr lang kein Cannabis konsumiert wurde.


Eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wird nur noch angeordnet, wenn bestimmte Gründe vorliegen. Dazu gehören:

  • Es gibt Hinweise auf Cannabismissbrauch.

  • Jemand wurde mehrfach unter Cannabis-Einfluss am Steuer erwischt.

  • Der Führerschein wurde bereits wegen Cannabismissbrauchs entzogen.

  • Es muss überprüft werden, ob eine frühere Abhängigkeit tatsächlich überwunden wurde.

  • Ein gelegentlicher Cannabiskonsum reicht nicht mehr aus, um automatisch eine MPU anzuordnen.

Besondere Regeln für medizinisches Cannabis

Für Patient:innen, die Cannabis als Arzneimittel verschrieben bekommen, gelten besondere Regeln. Sie sind von den allgemeinen THC-Grenzwerten im Straßenverkehr ausgenommen. Diese Ausnahme ergibt sich aus § 24a Absatz 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), auch bekannt als die „Medikamentenklausel“.4

Diese Regel besagt: Wenn jemand ein Medikament einnimmt, das vom Arzt oder von der Ärztin verschrieben wurde – auch wenn es eigentlich die Fahrtüchtigkeit beeinflussen könnte –, liegt keine Ordnungswidrigkeit vor. Das gilt also auch für ärztlich verordnetes Cannabis.

Damit Patient:innen das im Falle einer Verkehrskontrolle belegen können, ist es sehr empfehlenswert, stets eine Kopie des Rezepts oder der ärztlichen Bescheinigung bei sich zu tragen. So lässt sich schnell nachweisen, dass das Cannabis legitim und medizinisch notwendig ist.

Auch wenn medizinische Cannabispatient:innen von der Grenzwertregelung ausgenommen sind, bedeutet das jedoch nicht, dass sie automatisch jederzeit fahren dürfen. Vielmehr überträgt der Gesetzgeber ihnen eine hohe Eigenverantwortung. So dürfen Patient:innen nur dann aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, wenn sie sich körperlich und geistig stabil fühlen und keine spürbaren Nebenwirkungen haben, wie zum Beispiel:

  • beeinträchtigte Reaktionsfähigkeit

  • Konzentrationsprobleme

  • Müdigkeit oder Schwindelgefühle

  • Wahrnehmungsveränderungen

Wer sich also nach der Einnahme unsicher fühlt oder bemerkt, dass die Wirkung stärker ist als erwartet, sollte auf das Autofahren verzichten, bis die Wirkung vollständig nachgelassen hat.

Missbrauch oder Fehlgebrauch: Wann ein Gutachten drohen kann

Wenn der Verdacht besteht, dass jemand medizinisches Cannabis nicht ordnungsgemäß einnimmt, kann die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisches Gutachten anfordern.

Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn

  • das Cannabis in zu hoher Dosierung konsumiert wird,

  • ärztliche Anweisungen nicht beachtet werden oder

  • der Eindruck entsteht, dass die Person das Medikament nicht therapeutisch, sondern zum Rauschzweck nutzt.


Auch wenn Patient:innen sich trotz korrekter Einnahme nicht mehr in der Lage fühlen, sicher zu fahren, kann eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit angeordnet werden.

Im schlimmsten Fall, wie etwa bei wiederholtem Missbrauch oder deutlichen Anzeichen von Fahruntüchtigkeit, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden.

FAQ

Darf ich mit medizinischem Cannabis Autofahren?

Patient:innen dürfen grundsätzlich Autofahren, wenn sie sich körperlich und geistig stabil fühlen und keine spürbaren Nebenwirkungen haben. Bei Unsicherheit oder Wirkungseintritt sollte auf das Fahren verzichtet werden.

Kann man als Cannabis-Patient:in den Führerschein verlieren?

Wenn medizinisches Cannabis missbräuchlich genutzt wird oder die Person trotz korrekter Einnahme nicht mehr sicher fahren kann, droht ein medizinisches Gutachten. Im schlimmsten Fall kann die Fahrerlaubnis entzogen werden.

Hat ein Rezept für Cannabis Einfluss auf den Führerschein?

Ein ärztliches Rezept schützt Patient:innen vor Ordnungswidrigkeiten wegen THC-Grenzwerten im Straßenverkehr. Es entbindet sie jedoch nicht von der Verantwortung, nur fahrtüchtig zu fahren.

Werden Cannabispatient:innen der Führerscheinstelle gemeldet?

Patient:innen werden nicht automatisch gemeldet. Die Fahrerlaubnisbehörde kann nur bei Verdacht auf Missbrauch oder Fahruntüchtigkeit eingreifen.

 

Quellenangaben

Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Interdisziplinäre Expertenarbeitsgruppe zur Untersuchung und Ermittlung eines gesetzlichen THC-Grenzwertes im Straßenverkehr (§ 24a StVG), März 2024, https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/cannabis-expertengruppe-kurzfassung.pdf?__blob=publicationFile

Mobilitätsmagazin von bussgeldkatalog.org, Cannabis am Steuer: Neuer THC-Grenzwert gilt ab sofort, 22. August 2024, https://www.bussgeldkatalog.org/news/cannabis-am-steuer-neuer-thc-grenzwert-gilt-ab-sofort-9079511

Bundesministerium für Gesundheit, Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz, Straßenverkehr, 49. Was müssen Cannabiskonsumierende künftig beachten, wenn sie am Straßenverkehr teilnehmen wollen?, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz.html

Bundesministerium für Justiz, Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 24a 0,5 Promille-Grenze, Tetrahydrocannabinol-Grenzwert, https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__24a.html

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