Medizinisches Cannabis am Arbeitsplatz: Was gilt für Beschäftigte?

Die Anwendung von medizinischem Cannabis ist am Arbeitsplatz nicht automatisch erlaubt. Hier erfahren Sie alles zu den arbeitsrechtlichen Regelungen.

Medizinisches Cannabis am Arbeitsplatz: Was gilt für Beschäftigte?

Die Anwendung von medizinischem Cannabis am Arbeitsplatz unterliegt klaren Regeln, die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb gewährleisten sollen. Arbeitgeber müssen Gefahren vermeiden, während Arbeitnehmer:innen dafür verantwortlich sind, arbeitsfähig und leistungsfähig zu bleiben. Auch mit ärztlicher Verordnung ist die Einnahme von Cannabis während der Arbeit nicht automatisch erlaubt, Unternehmen können diese untersagen. Da Cannabis die Konzentration, Reaktion und Wahrnehmung beeinträchtigen kann, besteht vor allem in sicherheitsrelevanten Berufen ein erhöhtes Risiko. Deshalb sollten Patientinnen und Patienten ihre Therapie ärztlich genau abstimmen.

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer;innen sind verpflichtet, Gefahren durch eingeschränkte Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit am Arbeitsplatz zu vermeiden.

  • Ärztlich verschriebenes Cannabis darf nicht selbstverständlich am Arbeitsplatz angewendet werden, da Unternehmen dies per Hausordnung oder Arbeitsvertrag untersagen können.

  • Medizinisches Cannabis kann Konzentration, Reaktionsgeschwindigkeit und Wahrnehmung beeinträchtigen, was vor allem in sicherheitsrelevanten Berufen gravierende Folgen haben kann.

  • Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Beeinträchtigungen reichen von Abmahnung über Versetzung bis hin zur fristlosen Kündigung, wenn Sicherheitsrisiken bestehen.

Was sagt das Arbeitsrecht zu medizinischem Cannabis am Arbeitsplatz?

Zur Anwendung von medizinischem Cannabis am Arbeitsplatz greifen verschiedene Regeln aus dem Arbeitsrecht und dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Diese sollen sowohl die Sicherheit im Betrieb als auch die Gesundheit aller Beschäftigten schützen.

  • Pflichten des Arbeitgebers: Jeder Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Gefahren am Arbeitsplatz so gut wie möglich zu vermeiden. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie sicherstellen müssen, dass niemand durch eine eingeschränkte Aufmerksamkeit oder Reaktionsfähigkeit gefährdet wird. Gerade bei Tätigkeiten mit Maschinen, im Straßenverkehr oder in anderen sicherheitsrelevanten Bereichen spielt das eine große Rolle.1

  • Pflichten der Arbeitnehmer:innen: Auch Beschäftigte selbst haben eine Verantwortung. Sie müssen dafür sorgen, dass sie ihre Arbeit geistig und körperlich in vollem Umfang ausüben können. Dazu gehört, dass keine Medikamente oder Substanzen eingenommen werden, die das eigene Leistungsvermögen oder die Sicherheit anderer beeinträchtigen.2

Was heißt das für Patient:innen mit Cannabis-Verordnung?

Auch wenn Cannabis ärztlich verschrieben ist, dürfen Arbeitnehmer:innen es nicht selbstverständlich am Arbeitsplatz verwenden. Unternehmen können die Einnahme auf dem Betriebsgelände ausdrücklich untersagen, wie beispielsweise durch eine Hausordnung,  interne Richtlinien oder den Arbeitsvertrag.

Zu beachten ist, dass selbst dann, wenn Cannabis außerhalb der Arbeitszeit angewendet wird, trotzdem Probleme entstehen können. So können Wirkung und Nebenwirkungen länger anhalten, sodass Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit auch während der Arbeitszeit beeinträchtigt sein können.

Welche Auswirkungen kann medizinisches Cannabis haben?

Zwar wird die Anwendung von medizinischem Cannabis ärztlich überwacht und in der Regel in niedrigen Dosen verordnet, dennoch lässt sich nicht gänzlich ausschließen, dass es die Leistungsfähigkeit beeinflusst. Einige Patientinnen und Patienten berichten von verminderter Konzentration, verzögerter Reaktion oder einer veränderten Wahrnehmung. Solche Effekte können im privaten Alltag verkraftbar sein – im Berufsleben, vor allem bei verantwortungsvollen Tätigkeiten, allerdings zu ernsten Problemen führen.

Mögliche Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit:

  • geringere Aufmerksamkeit und Konzentrationsschwierigkeiten

  • verzögerte Reaktionen in Gefahrensituationen

  • Fehlentscheidungen durch eingeschätzte Risiken oder falsche Wahrnehmung

  • Müdigkeit, innere Unruhe oder auch Angstgefühle

Besonders kritisch ist das in Bereichen, in denen Sicherheit an erster Stelle steht, wie zum Beispiel beim Führen von Fahrzeugen (z.B. Bus oder LKW), beim Bedienen schwerer Maschinen, in Pflege- und Gesundheitsberufen oder in Produktionsstätten. Hier können bereits kleine Einschränkungen schwerwiegende Folgen für die betroffene Person, für Kolleg:innen und auch für das Unternehmen haben.

Mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen können sein:3

  • Abmahnung: Bei leichten oder erstmaligen Auffälligkeiten, zum Beispiel dann, wenn Kolleg:innen Geruchsbelästigung melden oder unkonzentriertes Arbeiten auffällt.

  • Versetzung: Wenn die Tätigkeit sicherheitsrelevant ist und die Eignung aufgrund der Einschränkungen nicht mehr gegeben ist.

  • Kündigung (auch fristlos): Bei wiederholten Verstößen oder bei einer schweren Gefährdung von Menschen oder Sachwerten.

Dabei gilt, dass Arbeitgeber nicht nachweisen müssen, dass Cannabis direkt angewendet wurde. Es reicht, wenn er zeigen kann, dass eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung oder ein Sicherheitsrisiko bestand. Umgekehrt liegt es an Arbeitnehmer:innen, die Arbeitsfähigkeit zu belegen (z.B. durch ärztliche Nachweise oder klare Leistungsdokumentationen).

Medizinisches Cannabis am Arbeitsplatz – Tipps für den Alltag

Unsicherheit im Umgang mit medizinischem Cannabis während der Arbeit ist völlig normal. Wichtig ist, dass Sie sich zunächst ehrlich einschätzen, wie die Therapie die Leistungsfähigkeit beeinflusst. Dabei können folgende Fragen helfen:

  • Wie fühle ich mich nach der Einnahme?

  • Bin ich konzentriert und leistungsfähig?

  • Treten Nebenwirkungen auf, die meine Arbeit beeinträchtigen könnten?

Es ist sinnvoll, offen über die berufliche Situation zu sprechen und die Einnahme gemeinsam mit der behandelnden Ärztin oder Arzt zu planen. In der Regel lässt sich die Therapie so gestalten, dass die stärkste Wirkung nicht in die Arbeitszeit fällt und Sie während der Arbeit aufmerksam und reaktionsfähig bleiben.

Praktische Hinweise für den Arbeitsalltag:

  • Probieren Sie eine neue Sorte oder Dosierung zuerst an freien Tagen aus, um zu sehen, wie der Körper reagiert, bevor Sie zur Arbeit gehen.

  • Versuchen Sie, die Cannabis-Medikation so zu timen, dass mögliche Nebenwirkungen außerhalb der Arbeitszeit liegen.

  • Lassen Sie sich eine ärztliche Bescheinigung ausstellen, die die Therapie mit medizinischem Cannabis bestätigt. Das kann hilfreich sein, falls Fragen von Seiten des Arbeitgebers auftauchen.

Mit einer bewussten Planung, offener Kommunikation und Selbstbeobachtung lässt sich der Umgang mit medizinischem Cannabis im Berufsalltag deutlich sicherer gestalten. So schützen Sie die eigene Leistungsfähigkeit und minimieren Risiken am Arbeitsplatz.

Muss oder sollte der Arbeitgeber über eine Cannabis-Therapie informiert werden?

Sie sind in den meisten Fällen nicht verpflichtet, den Arbeitgeber über eine medizinische Cannabis-Therapie zu informieren. Ihre Gesundheit bleibt in der Regel Privatsache. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn durch die Medikation ein erhöhtes Sicherheitsrisiko entsteht.

Letztlich bleibt es Ihre persönliche Entscheidung, ob Sie den Arbeitgeber informieren. Ein gut vorbereitetes, sachliches Gespräch kann helfen, Vertrauen zu schaffen und den Arbeitsplatz sicher zu gestalten.

Gemeinsam lassen sich dann Lösungen finden, wie zum Beispiel:

  • angepasste Arbeitszeiten

  • alternative Einsatzbereiche

  • andere organisatorische Maßnahmen

Tipps für ein Gespräch mit dem Arbeitgeber

Wählen Sie einen ruhigen Moment für das Gespräch. Sie sollten ungestört und vertraulich sprechen können. Bleiben Sie dabei sachlich und erklären, dass medizinisches Cannabis auf ärztliche Anweisung eingenommen wird. Legen Sie eine entsprechende ärztliche Bescheinigung vor.

Betonen Sie Ihre Leistungsfähigkeit und machen Sie deutlich, dass Sie alles dafür tun, um sicher und konzentriert zu arbeiten.

FAQ

Ist Cannabis am Arbeitsplatz erlaubt?

Medizinisches Cannabis darf am Arbeitsplatz nicht selbstverständlich angewendet werden, auch wenn es ärztlich verschrieben ist. Arbeitgeber können den Konsum durch Hausordnung, Arbeitsvertrag oder interne Regeln ausdrücklich untersagen.

Kann mein Arbeitgeber mich zu einem Drogentest zwingen?

Ein verpflichtender Drogentest ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, etwa wenn die Tätigkeit sicherheitsrelevant ist. In den meisten anderen Fällen ist die Zustimmung erforderlich.

Kann es, Cannabis-Patient zu sein, Auswirkungen auf die Arbeit haben?

Ja, medizinisches Cannabis kann die Konzentration, Reaktionsgeschwindigkeit oder Wahrnehmung beeinflussen. Dadurch können Einschränkungen entstehen, die vor allem bei sicherheitskritischen Aufgaben problematisch sind.

Ist eine Kündigung wegen Cannabiskonsum möglich?

Eine Kündigung ist möglich, wenn durch die Anwendung die Arbeitsleistung oder Sicherheit gefährdet wird. Dies gilt besonders bei wiederholten Vorfällen oder erheblichen Gefährdungen, auch wenn Cannabis ärztlich verschrieben wurde.



Quellenangaben

Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz, Gesetze im Internet, Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis, https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__241.html

Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz, Gesetze im Internet, Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) § 3 Grundpflichten des Arbeitgebers, https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__3.html

HAUFE, Dr. Mareike Curtze, Cannabis / 7 Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers, https://www.haufe.de/id/beitrag/cannabis-7-reaktionsmoeglichkeiten-des-arbeitgebers-HI16249006.html

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