Medizinisches Cannabis bei PTBS: Chancen und Risiken

Die Studienlage zu Cannabis bei PTBS ist noch schwach. Erfahren Sie hier mehr über die Chancen und Risiken einer Therapie.

Medizinisches Cannabis bei PTBS: Chancen und Risiken

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann nach extrem belastenden Erlebnissen auftreten. Betroffene durchleben immer wieder das Trauma und leiden zusätzlich unter verschiedenen Symptomen wie Schlafproblemen, innerer Anspannung, Ängsten und Schreckhaftigkeit. Dabei steht die psychotherapeutische Behandlung immer im Vordergrund. Medikamente werden hingegen meist nur in schwer ausgeprägten Fällen verordnet. Ob medizinisches Cannabis eine zusätzliche Therapieoption sein kann, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig belegt.

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • Nach einem traumatischen Erlebnis kann sich eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln, die mit Flashbacks, Alb- und/oder Angstträumen einhergeht.

  • Die Behandlung erfolgt primär durch eine Psychotherapie. Medikamente kommen in der Regel nur bei schwerer Symptomatik zum Einsatz.

  • Aktuell werden alternative Ansätze untersucht, darunter die Beeinflussung des Endocannabinoid-Systems.

  • Erste Studien zeigen, dass THC und CBD in bestimmten Dosierungen angstlösend und beruhigend wirken könnten. Die Datenlage ist jedoch begrenzt, weshalb medizinisches Cannabis nur vorsichtig und unter ärztlicher Kontrolle genutzt werden sollte.

PTBS - was ist das und wie entsteht sie?

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann nach besonders belastenden oder traumatischen Erlebnissen auftreten, wie zum Beispiel nach Unfälle, Naturkatastrophen, Gewalterfahrungen oder durch den plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen.

Im Vordergrund der psychischen Erkrankung stehen immer wiederkehrende Erinnerungen, obwohl die Gefahr vorüber ist. Das Gehirn ist nicht in der Lage, das traumatische Erlebnis zu verarbeiten. Dabei können die Symptome einer PTBS sehr unterschiedlich sein, lassen sich aber in drei Hauptgruppen einteilen:

  • Wiedererleben des Traumas: Immer wiederkehrende, belastende Erinnerungen an das Trauma in Form von Tagträumen, Flashbacks oder Albträume.

  • Vermeidung: Situationen, Orte oder Menschen werden gemieden, die an das Trauma erinnern, ebenso Gedanken und Gespräche über das Ereignis.

  • Erregung und Anspannung: Häufig treten Symptome wie Schlafprobleme oder Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Wutausbrüche, Konzentrationsprobleme, ständige Anspannung oder Schreckhaftigkeit auf. Auch können Ängste, Panikattacken sowie Depressionen hinzukommen.

Darüber hinaus fühlen sich manche Betroffene oftmals emotional abgestumpft oder entfremdet von anderen Menschen.

Wie wird eine PTBS behandelt?

Die PTBS wird in der Regel ganzheitlich behandelt, wobei die Psychotherapie der wichtigste Baustein ist. Möglich ist beispielsweise eine traumafokussierte Therapie, bei der das belastende Erlebnis behutsam aufgearbeitet wird, damit es weniger bedrohlich wirkt. Auch eine kognitive Verhaltenstherapie kann hilfreich sein. Hier können Betroffene lernen, belastende Gedanken und Ängste zu erkennen und besser damit umzugehen.

Bei schwer ausgeprägter Symptomatik können auch Medikamente (z.B. Antidepressiva oder Schlafmittel) zum Einsatz kommen. Diese können den notwendigen Raum schaffen, um sich auf eine Therapie einlassen zu können.

Jede PTBS ist unterschiedlich, weshalb die Behandlung individuell angepasst wird. Mit der richtigen Unterstützung können Betroffene ihre Symptome deutlich verringern und wieder ein erfülltes Leben führen.

Forschung sucht nach alternativen Behandlungsoptionen

Forschungen legen nahe, dass eine PTBS mit Veränderungen in verschiedenen Bereichen wie dem Gedächtnis verbunden sein könnte. Es wird davon ausgegangen, dass PTBS eine Art „ungewöhnliche Reaktion“ des Körpers und Gehirns auf extremen Stress ist. Deshalb wird immer wieder nach neuen Behandlungsmöglichkeiten gesucht.1, 2

Im Fokus stehen sogenannte „kognitive Verstärker“. Dabei sollen Wirkstoffe bestimmte Denk- und Gedächtnisprozesse beeinflussen, die bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der PTBS von Bedeutung sind. Ziel ist es, dadurch Psychotherapien wirksamer zu machen und die Heilungschancen zu verbessern.

Eine besonders interessante Rolle spielt das Endocannabinoid-System (ECS), das von den Cannabinoiden in der Cannabispflanze beeinflusst werden kann. Cannabinoidhaltige Medikamente, die auf das ECS wirken, könnten gleich doppeltes Potenzial haben: Sie könnten einerseits das Gedächtnis beeinflussen und andererseits Ängste lindern.

Aktuelle Studienlage zu medizinischem Cannabis bei PTBS

Bislang gibt es nur wenige Studien, in denen die potenzielle Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei PTBS-Symptomen untersucht wurde. Während einige Untersuchungen Hinweise darauf geben, dass Cannabinoide Ängste, innere Unruhe und Schlafstörungen verringern können, zeigen andere Studien keine signifikanten Veränderungen.3

Möglicherweise könnte Tetrahydrocannabinol (THC) in einer niedrigen Dosis leicht beruhigend und angstlösend wirken. Hingegen besteht bei einer höheren Dosis die Gefahr, dass sich die Angstsymptomatik noch verstärkt.

Eine Alternative könnte das Cannabinoid Cannabidiol (CBD) sein, das keine berauschende Wirkung auslöst und angstlösende sowie entspannende Effekte entfalten kann. Insbesondere bei stressbedingten Ängsten zeigt CBD ein gewisses Potenzial.4

PTBS: Medizinisches Cannabis als Therapieoption

Manche Betroffene mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) hoffen, dass medizinisches Cannabis ihre Beschwerden lindern kann – zum Beispiel Schlafprobleme, Anspannung oder Albträume. Erste Studien deuten tatsächlich darauf hin, dass Cannabis in manchen Fällen helfen könnte.

Allerdings ist die Studienlage noch nicht ausreichend, um Cannabis als Standardtherapie zu empfehlen. Viele Untersuchungen sind klein und die Ergebnisse teilweise widersprüchlich. Deshalb gibt es bisher keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege für eine sichere und zuverlässige Wirkung.

Besonders problematisch sind die Nebenwirkungen von THC, das bei manchen Menschen Ängste verstärkt, also genau die Beschwerden, die bei PTBS ohnehin schon belastend sind. Dadurch besteht das Risiko, dass sich die Symptome sogar verschlechtern.

Aus diesem Grund gilt, dass eine ärztliche Verordnung von Cannabis bei PTBS nur mit großer Vorsicht erfolgen sollte. Cannabis kann, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen und unter enger ärztlicher Kontrolle verordnet werden.

FAQ

Wie wird eine PTBS behandelt?

Eine PTBS wird vor allem psychotherapeutisch behandelt, etwa mit einer Traumatherapie oder einer kognitiven Verhaltenstherapie. Begleitend können auch Medikamente zum Einsatz kommen.

Kann Cannabis bei PTBS helfen?

Die Studienlage zur potenziellen Wirksamkeit von medizinischem Cannabis ist begrenzt. Da Cannabis Ängste auslösen oder verstärken kann, ist hier ein vorsichtiger Umgang gefragt und sollte ärztlich streng kontrolliert werden.

Ist Cannabis bei PTBS verschreibungspflichtig?

Medizinisches Cannabis ist grundsätzlich verschreibungspflichtig. Aktuell wird Cannabis bei PTBS in der Regel nicht verordnet, da zum einen die Studienlage noch begrenzt ist und zum anderen die Symptomatik verstärken kann.



Quellenangaben

Rubin DC, Boals A, Berntsen D. Memory in posttraumatic stress disorder: properties of voluntary and involuntary, traumatic and nontraumatic autobiographical memories in people with and without posttraumatic stress disorder symptoms. J Exp Psychol Gen. 2008 Nov;137(4):591-614, Download vom 24.09.2025 von https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2597428

Hayes JP, Vanelzakker MB, Shin LM. Emotion and cognition interactions in PTSD: a review of neurocognitive and neuroimaging studies. Front Integr Neurosci. 2012 Oct 9;6:89, Download vom 24.09.2025 von https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3466464

Rehman, Y., Saini, A., Huang, S., Sood, E., Gill, R., & Yanikomeroglu, S. (2021). Cannabis in the management of PTSD: a systematic review. AIMS Neuroscience, 8(3), 414–434, Download vom 24.09.2025 von https://doi.org/10.3934/Neuroscience.2021022

Lookfong, N. A., Raup-Konsavage, W. M., & Silberman, Y. (2023). Potential utility of cannabidiol in stress-related disorders. Cannabis and Cannabinoid Research, 8(2), 230–240, Download vom 24.09.2025 von https://doi.org/10.1089/can.2022.0130

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